Butter bei die Fische

Blog für B2B-Vertrieb & Online-Business

Vertrieb: Warum so unbeliebt?

Mal unter uns: Hatten Sie zu Beginn Ihrer Ausbildung den Wunsch, im Vertrieb zu arbeiten? Hmm? Ganz ehrlich? Nicht ganz so unbedingt, oder?

Woran liegt das? Warum ist dieser Beruf so klischeebehaftet und sein Ruf so schlecht? Ich sag’s Ihnen:

Weil jeder ran darf. Weil es so viele schwarze Schafe gibt. Weil fast alle Fachbücher und Experten mit Tipps und Sprüchen ums Eck kommen, die alles andere als organisch sind und beim Zielkunden auf Ablehnung stoßen.

Und überhaupt: Schauen wir uns doch mal die Protagonisten an!

Der Zielkunde

Hat keine Zeit. Wird täglich mehrmals kalt angerufen. Hat eigentlich andere Dinge zu tun. Meldet sich bei Interesse. Ist der Meinung, dass sich das Produkt, wenn es gut wäre, doch schon von allein verkaufen würde (also muss es schlecht sein). Besorgte Exemplare fragen sich, was eigentlich der eigene Vertrieb bei den eigenen Zielkunden so treibt.

Der Boss

Wird nervös, wenn der Vertriebsmitarbeiter auf einmal mehr verdient als er selbst: War der hohe variable Anteil eigentlich nicht dazu gedacht, den Lohn niedrig zu halten? Ist im Gegensatz dazu auch nicht besser gelaunt, wenn der Neukunde mal länger auf sich warten lässt. Betrachtet Vertriebsmitarbeiter gerne als Overhead, wenn dieser nicht direkt für Projekte einsetzbar ist und gefühlt nicht durch Dritte bezahlt wird. Fände es besser, wenn sich das Produkt von ganz allein verkaufen ließe, von ein paar Adwords billigen Marketingaktionen abgesehen. Versucht regelmäßig, seinen Projektmanagern Vertriebsziele in die Zielvereinbarungen unterzujubeln. Bislang erfolglos.

Der Kollege

Hält den Vertriebler für bestenfalls halb informiert. Findet das Anschreiben viel zu werbisch. Stellt beim Projektstart fest, dass entweder er oder der Kunde das Briefing falsch verstanden haben muss. Hat die eine oder andere Suppe schon mal auslöffeln müssen. Findet, dass eigentlich er den Geschäftswagen verdient hätte.

Der Vertriebsmitarbeiter

Will schönere Marketing-Unterlagen haben. Schiebt bei Misserfolgen die Schuld auf das Produkt. Wollte früher mal etwas ganz anderes machen. Wechselt gerne ins Produktmarketing. Muss den Geschäftswagen versteuern und steht am Wochenende im Stau.

So oder so ähnlich: In der allgemeinen Wahrnehmung bleibt Vertrieb ein Gemisch von Negativposten, bei allen Beteiligten. Haben Sie schon mal jemanden getroffen, der freiwillig in den Vertrieb gegangen wäre? Sich den Launen wildfremder Ansprechpartner aussetzen? Freundlich bleiben, auch bei innerbetrieblichem Druck? Und die gesellschaftliche Anerkennung? Die hält sich in sehr engen Grenzen.

Wie helfen wir allen Beteiligten?

Es hilft nichts, wir müssen da ran. Denn ohne Vertrieb geht’s natürlich nicht und trotzdem sollen alle Spaß haben.

Drei Schubladen mit jeweils einem Griff

Vertrieb? Ab in die Schublade!

Dem oben beschriebenen Zielkunden können wir nicht direkt helfen, vor allem dann nicht, wenn es sich um einen Mitarbeiter eines großen Unternehmens handelt: Natürlich werden die oft angerufen. Schön wäre es aber, wenn sich jeder vor dem Gespräch auf Augenhöhe mit dem Kunden bringen, das Gespräch also gut vorbereiten würde. Und bei Gesprächsbeginn einfach mal fragt, ob er (der Kunde) überhaupt gerade Zeit hat. Beides zeugt von Respekt und wirkt Wunder. Und ja, lieber Kunde, du hast meistens ebenfalls einen Vertrieb. Es wäre sehr schön, wenn dies endlich mal bemerkt anerkannt würde.

Dagegen kann den Chefs, die an Ihre Provi wollen, wenn Sie auf einmal mehr verdienen, nicht geholfen werden: Suchen Sie sich besser einen neuen Job. Oder verhandeln Sie, dass Ihr Fixum in Zukunft dem Lohn von vergleichbaren Kollegen entspricht, d.h. der varibale Lohnanteil klein ist oder sogar ganz verschwindet. Warum benötigen ausgerechnet Sie eine Möhre? Ihre Ziele sind schließlich genauso messbar als zum Beispiel die eines IT-Kollegen. Idealerweise erhält jeder Mitarbeiter einen erfolgsabhängigen Anteil am Unternehmenserfolg — et voilà, schon ziehen alle mit.

Damit hat sich dann auch eventuell der Neid erledigt, der den einen oder anderen Kollegen beim Gedanken an den (erfolgreichen) Vertrieb umtreibt. Und warum soll es nicht für jeden einen Geschäftswagen geben, der als Gehaltsbestandteil gewährt wird? Wer sich die steuerlichen Abzüge und die wenigen Privatfahrten am Wochenende anschaut, überlegt sich das allerdings gerne noch mal.

OK, genug der Revolution. :-)

Für eine gute Beziehung zwischen Ihnen (Vertrieb) und Ihren Kollegen ist es enorm wichtig, dass Sie auch bei der Übergabe des gewonnenen Kunden an den Kollegen immer für den Kunden ansprechbar bleiben. Am besten ist es aber, wenn der zukünftige Projektmanager / Key Account Manager schon vorher eingebunden wird. Da erfahren beide Seiten direkt, was in Zukunft besser gemacht werden muss, um erfolgreich zu sein. Niemand kann die Schuld auf den anderen schieben, nur weil dieser nicht dabei war, und auch der Kunde kommt weniger auf dumme Ideen („Der Herr Vertriebshecht hat aber vor drei Wochen noch gesagt, dass…“).

Für die Außenwirkung wird es darüber hinaus wichtig sein, ein Gefühl für den Zielkunden zu entwickeln. Sie rufen diesen jeden Tag an? Viel zu viel! Verkaufen Sie Ihre Dienstleistung oder Produkt nicht wie Sauerbier, sagen Sie auch mal „nein“. Hin und wieder Gespräche mit völlig anderem Content? Wieso nicht? Nutzen Sie zum Beispiel Kongresse, bleiben Sie locker, beraten Sie. Werden Sie Ansprechpartner für etwas, lassen Sie das schnelle Verticken bleiben.

Gewinnen Sie Fürsprecher für alles, was die Akquise erfolgreicher macht. Sie wollen ins Marketing? Nicht doch. Sie sind der Motor!

2 Kommentare

  1. Danke für den interessanten Artikel. Ich musste an einigen Stellen sehr schmunzeln. Sie haben die Situation wirklich gut getroffen.
    Gerade in den neuen Medien zeigt sich doch, dass Marketing und Vertrieb überhaupt nicht mehr zu trennen sind. Warum sehen viele Unternehmen ihre Online-Aktivitäten als Marketing-Maßnahmen? Im Grunde sind dies doch Vertriebsthemen. Schließlich kennt niemand die Bedürfnisse der Kunden besser als die Vertriebsmitarbeiter. Es zeigt sich doch, dass Unternehmen, die Ihre Online-Präsenzen vertrieblich nutzen, einen wesentlich besseren ROI daraus ziehen, als solche auf blindes SEO vertrauen oder ihre Interessenten via Adwords ins Nichts führen. Vielleicht klappt es ja irgendwann mit dem Umdenken. Dann wollen bestimmt auch wieder viele Auszubildende in den Vertrieb und nicht ins Marketing :-)

    • Hallo Herr Wehner,

      so ist es. Wer wirklich wissen will, was beim Kunden ankommt, muss seinem Vertrieb Glauben schenken oder einfach mal selbst mit nach vorn. Leider gibt es immer noch viele Unternehmen, die sich eher von Studien oder Kongressen leiten lassen. Gut gemachtes Online ist ebenfalls ein Weg, aber nichts ersetzt das persönliche Gespräch — jedenfalls im B2B.