Vertrieb war schon immer sehr flexibel, was den Ort betrifft: Ob beim Kunden, im Auto, im Coworking Space, am Strand — Vertriebler sind meistens unterwegs und können von fast übterall arbeiten. Arbeiten von zuhause? Na klar, geht auch. Ist aber langweilig! ;-)
Trotzdem habe ich in den letzten 10 Jahren oft latente Vorbehalte erlebt, wenn es um das Thema Homeoffice ging, vom Strand mal ganz abgesehen. Während im Bewerbungsprozess noch viel von diesem New Work gepriesen wird, sieht die Realität gerne etwas grauer aus. Obwohl die Arbeit des Vertriebs CRM-technisch besser als alle anderen Abteilungen kontrolliert werden kann, ist bei einigen Vorgesetzten noch immer Vor-Ort-Präsenz beliebt. Wenn dann auch noch die Kollegen dauernd im Büro sind, befindet man sich am Strand schnell in einer Art Rechtfertigung, die eigentlich nicht nötig ist.
Was sich in den letzten Jahren kaum bewegt hat und in vielen Unternehmen noch bis vor kurzem bestenfalls nice to have war, ist mit einer Pandemie mit einem Schlag zur Notwendigkeit geworden. Nicht nur technisch, sondern auch kulturell findet hier gerade ein Wandel statt, der zuvor kaum denkbar war: Homeoffice ist auf einmal das neue „Normal“!
Das technische Setup ist schnell erledigt: Eine Internetverbindung mit 16 MBit reicht schon aus, Netflix-Abonnenten sind da eh schon weiter. Ein ruhiger Raum, Kaffee, ein wenig Endpoint-Security — in dieser Reihenfolge :-) —, voilà, es kann losgehen. Fortgeschrittene achten noch auf pünktliches Aufstehen, Frisur, Sauberkeit und Klamotten.
Aber Technik ist nicht alles, auch die Arbeitskultur sollten Sie im Blick behalten. Hier einige Tipps, die die Zusammenarbeit im Flexoffice verbessern und dazu noch einige technische Kniffe.
Beachten Sie den Flurfunk
Homeoffice verlangt einem in Bezug auf soziale Kontakte eine Menge ab. Mal eben in der Kaffeeküche schnacken findet nicht statt, zufällige Treffen oder Probleme direkt persönlich besprechen ebenfalls nicht. Stattdessen telefonieren/emailen/chatten oder teamsen Sie. Missverständnisse und Eskalationen sind da vorprogrammiert, nicht immer findet man aus der Entfernung das richtige Timing und den richtigen Ton.
Zum Timing: Lösen Sie Probleme vor der Mittagspause, wenn Sie vermeiden wollen, dass sich beim Mittagessen auch Unbeteiligte darüber unterhalten könnten. Ohne Sie! ;-) Wenn Ihnen Gruppendynamik nicht recht ist oder Sie damit rechnen müssen, dass Ihre Position falsch verstanden wird, sprechen Sie heikle Themen lieber erst nach solchen Treffen an.
Natürlich können Sie den Flurfunk aber auch nutzen, zum Beispiel beim Kunden. Wenn sich Ihr Buying Center beim Mittagessen trifft, kommen Entscheidungen vielleicht schneller voran, wenn Sie Ihren Sponsor vorher frisch gebrieft haben.
Sind Sie neu in der Firma, dann sehen Sie zu, dass Sie möglichst schnell wieder unter Ihre Kollegen kommen. Nur dort werden Sie richtig ongeboarded und erfahren den wahren „Corporate Spirit“. Den erleben Sie nur sehr langsam im Videochat, noch weniger in Telefonaten oder gar per E-Mail. Stattdessen gibt es im Homeoffice viele Möglichkeiten für Rookies, ins Fettnäpfchen zu treten.
E-Mail? Think again!
Vermeiden Sie E-Mails, wenn Probleme aus der Welt geschafft werden müssen. Rufen Sie lieber direkt an, am besten per Video, wenn Sie schon nicht vor Ort sein können. Sie erfahren einfach viel schneller, wie beim Kollegen gerade die Lage ist.
Glauben Sie nicht? Schauen Sie sich mal die letzten Mails an, die Sie geschrieben haben: Würden Sie diese erneut so schreiben? Bei mir stelle ich gerne fest, dass der Ton hätte noch freundlicher sein können oder dass ich eine Situation falsch eingeschätzt hatte.
Wenn es denn unbedingt sein muss: Schreiben Sie Ihre E-Mail, lassen Sie sie für einige Zeit als Entwurf liegen und schauen Sie dann nochmals drauf: Stimmt der Inhalt? Stimmt der Ton? Und vor allem: Stimmt der Verteiler? Nicht wundern, wenn sich in dieser Zeit ein Problem auch schon mal von selbst erledigt hat.
Eskalationen
Der liebe Verteiler: Achten Sie vor allem im Homeoffice darauf, dass Sie nicht gleich die größte Glocke nehmen, wenn mal etwas nicht funktioniert. Bei einem Irrtum Ihrerseits kommen Sie aus der Nummer nicht so elegant raus, wie es im Direktgespräch mit dem Betroffenen möglich gewesen wäre. Also: Erst den betroffenen Kollegen direkt ansprechen. Findet der meistens gut. Finden Sie auch selber gut, wenn Sie so behandelt werden.
Vor Anrufen Kalender nutzen
Wenn der Kollege aber gerade in einem Termin steckt oder dieser in einer Minute beginnen wird, brauchen Sie ihn nicht anrufen. Schauen Sie vorher in seinem Kalender, bevor Sie anrufen. Hat der Kollege laut Kalender eigentlich keine Zeit, fragen Sie im Online-Chat, wann er wieder Zeit hat. Ist einfach netter. Kleiner Pro-Tipp, wenn sich die Termine nur so aneinanderreihen: 5 bis 10 Minuten vor einem neuen Termin stehen die Chancen gut, ihn zu erreichen. Auch wenn Teams & Co. noch einen roten Punkt anzeigen.
Büronummer behalten
Sie würden gerne auch zuhause die Festnetznummer Ihres Büros nutzen und können das nicht über Ihre Teams-Lizenz lösen? Prüfen Sie Ihren Mobilfunk/Festnetz-Firmenvertrag: Bei einigen Providern funkt Ihr Handy für ca. 5 Euro Mehrkosten im Monat Ihre Festnetz-Durchwahl, so dass Kollegen und Kunden Ihre Nummer weiterhin zuordnen können.
Mit einer kleinen App kann dabei zwischen der Handy- und Festnetznummer gewechselt werden. Das ist vor allem fürs Erreichen von Mobilfunknummern praktisch, da dann die „Ich kann gerade nicht sprechen“-SMS nicht als Anruf gefunkt wird. Oder auch, wenn Ihre Festnetznummer dem Lead vielleicht doch allzu bekannt ist. ;-)
Nicht vergessen: Leiten Sie Ihre Büronummer auf Ihr Handy um, damit Anrufe und Rückrufe immer bei Ihnen landen. Und prüfen Sie bei der Gelegenheit auch mal den Begrüßungstext Ihrer Voicemail.
Bessere Verbindungen mit WLAN-Call
Das „beste Mobilfunknetz“ und leider doch kaum Empfang zuhause — kein Problem, wenn wenigstens Ihre Festnetz-Internetverbindung steht. Einige Provider bieten Handy-Telefonie auch aus einem WLAN an. Wenn die Signalstärke des Mobilfunks zu schwach ist, wählt sich das Handy ins WLAN ein. An der Bedienung ändert sich nichts — Sie telefonieren wie immer, der Empfänger sieht weiterhin Ihre Handynummer (oder eben Festnetz, siehe oben).
Um das zu nutzen, prüfen Sie die Möglichkeiten Ihres Vertrages und schauen Sie in die Einstellungen Ihres Handys, zum Beispiel beim iPhone unter Einstellungen/Telefon/WLAN-Anrufe.
Kostenpflichtige Konferenznummern
Sie haben kein Firmenhandy und müssen Ihr privates Festnetz nutzen? Dann prüfen Sie, ob Ihre Konferenznummern, die durchaus auch mit 040 oder 069 beginnen können, kostenpflichtig sind. Viele Servicedienste werden über eine unauffällige geografische Festnetznummer realisiert, die nicht unbedingt in Ihrer Telefon-Flatrate enthalten ist.
Zwar handelt es sich dabei oft nur um wenige Cent pro Minute, aber wir alle wissen, dass ein Konferenzcall schon mal etwas länger dauert als geplant. Und dass die Telefonrechnung erst am Monatsende kommt.
Hintergründe beim Videotelefonat
Sie machen eh alles per Video, sei es mit Teams, Skype oder Zoom? Testen Sie vorher, wie das aussehen wird. Entfernen Sie also Dinge hinter Ihnen, die Sie bei einem Videotelefonat ungewollt komisch aussehen lassen oder unnötige Fragen provozieren.
Bleiben Sie dennoch persönlich! Nur Business-Gedöns wie bei den Großen auf LinkedIn ist langweilig. Ein wenig Aufräumen kann generell nie schaden. ;-) Sie sitzen in der Küche? Richten Sie einen virtuellen Hintergrund in Ihrer Video-Software ein, der die Realität kaschiert.
Versicherungen im Homeoffice
Aber seien Sie vorsichtig, wenn Sie sich in Ihrer Küche zum Kaffeeholen oder in Richtung Toilette bewegen: Sollten Sie sich dabei verletzen, sind Sie nicht unbedingt versichert. Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt nur bei Unfällen beruflicher Tätigkeiten, solche aber sind im Homeoffice nicht immer leicht von privaten zu unterscheiden. So ist der Weg zur Kita versichert, der Weg von dort zurück ins Homeoffice dagegen nicht. Um wirklich sicherzugehen, schließen Sie eine private Unfallversicherung ab.
To be continued! Was sind Ihre Homeoffice-Tipps off that beaten track? Was ist für Sie das neue „Normal“?